Mundartfestival 2024

Gnadenloser Humor

Der Besucherandrang beim Gschwender Mundartfestival ist groß, die Veranstaltung ist ausverkauft. Das Publikum hat Spaß mit „Ernst und Heinrich“ und amüsiert sich über „schwäbische Erotik“.

Der veranstaltende Förderverein „Sport und Kultur“ hatte ein glückliches Händchen bei der Auswahl der Künstler für das Gschwender Mundartfestival. Den Auftakt machte das mit mehreren Kleinkunstpreisen ausgezeichnete Duo Ernst Mantel und Heiner Reiff alias „Ernst und Heinrich“. Der zweite Teil war „schwäbischer Erotik“ gewidmet, mit der Christiane Maschajechi, alias Brigitte Wibele, das Publikum ansprechend und anmachend unterhielt.

„Uwe und der Bürgermeister“, wird geulkt, als Vorstand Uwe Heunisch und Bürgermeister Jochen Ziehr die rund 350 Gäste begrüßen. „Alle, die kein Schwäbisch können, haben’s heute Abend schwer“, warnt Heunisch die Gäste. Bei Gschwender Gemeinderatssitzungen wird Schwäbisch gesprochen, weiß der Schultes. Zuweilen werde auch Deutsch, also Klartext, gesprochen. Erotisch sei es allerdings bislang bei keiner Sitzung zugegangen, auch nicht bei nicht-öffentlichen, erklärt Ziehr dem schmunzelnden Publikum, bevor er die Bühne für „Ernst und Heinrich“ frei machte.

Gnadenloser Humor

Die Natur der Schwaben und deren Klischees, besonders über deren angeblichen Geiz, wird mit gnadenlosem Humor beleuchtet. Dabei ist dieses Klischee veraltet, befinden die Kabarettisten angesichts des Stuttgarter Bahnhofprojekts. „Da lassen se’s so richtig neilaufa!“ Außerdem ist der Schwabe von heute „up to date“, hält mit seinem angehäuftem Luxus nicht hinterm Berg und ist in sozialen Medien mit „lockerem Blogging vom Hocker“ genauso vertraut wie mit dem Haushaltsroboter. Wobei für ihn das „Nausschmeißa“ immer noch schwerfällt, das Klischee lässt grüßen.

Den Auszug der Ehefrau aus dem vollgestopften Häusle nimmt er in Kauf, anders als beim Sach. „Ja nex verkomme lasse“. „Ernst und Heinrich“ sind nicht nur Profis bei Wortspielen und phonetischen Verwechslungen bei Konsonantenhäufungen, sondern begeistern ihr Publikum mit den virtuosen Gitarrenklängen als Begleitung ihrer witzigen Liedtexte. Ein humoriger Höhepunkt folgt auf den nächsten und das Duo wurde erst nach Zugaben vom begeisterten Publikum entlassen. Die Gschwender wollten halt „nex verkomma lassa“.

Mit Spannung wird die „schwäbische Erotik“ erwartet. Und zu der gehört bekanntlich körperliche Nähe. Christiane Maschajechi alias Brigitte Wibele sucht diese gleich zu Beginn ihres Programms und startet ihren Auftritt mitten im Publikum. Im Fokus sind vor allem die Männer. Ihre Erkenntnis: „Weiße Haare zeuget von Erfahrong. Wenn aufm Gipfel Schnee liegt, isch’s em Dal grün!“, sorgt für breite Zustimmung und den ersten Beifall.

Was folgt, ist ein wahrer Parforceritt über Beziehungen zwischen Mann und Frau. Typisch schwäbischen Beziehungen, wohlgemerkt. Beim angekündigten Strip verwandelt sich Brigitte Wibele in Christine Maschajechi. Den Namen habe sie, weil sie einen halben Perser geheiratet habe und nach der Trennung als „Second hand“ auf Casting Tour für Männer sei. Und was sie nicht alles versucht hat. Speed-Dating im Sekundentakt und der Vergleich mit einer Fünf-Minuten-Terrine zündeten beim Publikum. Kanalisierte schwäbische Erotik manifestiere sich über den Mercedes in der Garage und den Bausparvertrag, weiß Maschajechi. Und bringt das Publikum dazu, reihenweise ganz unschwäbische Worte zu sagen: „Ich liebe dich!“ Kein Beziehungsthema wird ausgespart. Die körperlichen Veränderungen im Alter, „da wird das Arschgeweih zum Albatros“. Schönheitsoperationen bekommen ihr Fett weg – wörtlich. Fettabsaugungen, um dieses an passender Stelle wieder einzuspritzen – zutiefst schwäbisch. Und wenn das Ganze im Laufe der Zeit an die unpassendsten Stellen im Körper wandert, nicht auszudenken. Dabei ist doch Humor die Basis jeder Erotik, verrät sie den Gästen. Und resümiert: „Jeder Dag ohne Zettl am Zeh isch an guader Dag.

Von Wolfgang Pfister

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